BGH: Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen nicht vergütungspflichtig

  • BGH: Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen nicht vergütungspflichtig

    Aktuelle Rechtsprechung

    | Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18. Juni 2015 entschieden, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen im Allgemeinen keine – vergütungspflichtige – öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtsgesetzes darstellt (Az. I ZR 14/14). |

    Zahnarzt hatte nach EuGH-Urteil den GEMA-Vertrag fristlos gekündigt

    Die GEMA hatte einen Zahnarzt verklagt, in dessen Wartebereich Hörfunksendungen als Hintergrundmusik übertragen wurden. Die Parteien haben am 6. August 2003 einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag geschlossen, mit dem die GEMA dem Zahnarzt das Recht zur Wiedergabe von Hörfunksendungen in seiner Praxis gegen Zahlung einer Vergütung eingeräumt hat. Der Zahnarzt hat der GEMA zum 17. Dezember 2012 die fristlose Kündigung des Lizenzvertrages erklärt. Diese hat er damit begründet, dass die Wiedergabe von Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 15. März 2012 (Az. C-135/10) keine öffentliche Wiedergabe darstelle. Die GEMA hat den Zahnarzt mit ihrer Klage auf Zahlung der für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 31. Mai 2013 geschuldeten Vergütung von 113,57 € in Anspruch genommen.

    Vorinstanzen: Lizenzvertrag ist durch fristlose Kündigung beendet worden

    Das Amtsgericht hat den Zahnarzt zur Zahlung von 61,64 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der GEMA ist ohne Erfolg geblieben. Das Landgericht hat angenommen, die GEMA könne vom Zahnarzt lediglich die Zahlung einer anteiligen Vergütung für den Zeitraum vom 1. Juni 2012 bis zum 16. Dezember 2012 in Höhe von 61,64 € beanspruchen. Der Lizenzvertrag sei durch die fristlose Kündigung des Zahnarztes mit Wirkung zum 17. Dezember 2012 beendet worden.

    Die Geschäftsgrundlage des Vertrges war entfallen

    Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision hat die GEMA die Verurteilung des Zahnarztes zur Zahlung der auf den Zeitraum vom 17. Dezember 2012 bis zum 31. Mai 2013 entfallenden Vergütung 51,93 € erstrebt. Die Revision hatte keinen Erfolg. Die GEMA kann die restliche Vergütung nicht beanspruchen, weil der Lizenzvertrag durch die fristlose Kündigung des Zahnarztes mit Wirkung zum 17. Dezember 2012 beendet worden ist. Der Zahnarzt war zu einer fristlosen Kündigung berechtigt, weil die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages durch das Urteil des EuGH vom 15. März 2012 entfallen ist.

    Die Parteien hatten den Lizenzvertrag in der damals zutreffenden Annahme geschlossen, dass die Rechtsprechung in der Lautsprecherübertragung von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen eine – vergütungspflichtige – öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz sieht. Dem Urteil des EuGH vom 15. März 2012 ist jedoch zu entnehmen: Eine öffentliche Wiedergabe setzt voraus, dass die Wiedergabe gegenüber einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und vielen Personen erfolgt. Der EuGH hat außerdem entschieden, dass diese Voraussetzungen im Allgemeinen nicht erfüllt sind, wenn ein Zahnarzt in seiner Praxis für seine Patienten Hörfunksendungen als Hintergrundmusik wiedergibt.

    BGH: Wiedergabe von Hörfunksendungen in Praxen nicht öffentlich

    Der Bundesgerichtshof ist an die Auslegung des Unionsrechts durch den Gerichtshof der Europäischen Union gebunden. Er hat daher entschieden, dass die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen im Allgemeinen – und so auch beim beklagten Zahnarzt – nicht öffentlich und damit auch nicht vergütungspflichtig ist.

    Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2015
    Bild: H.D.Volz  / pixelio.de